Meinhard Ansohn
Rhythmus


Kleine Schritte zu einem großen Fluss

Rhythmus ist ein elementares Prinzip des Lebens. Musikunterricht bietet die Chance, das Gefühl für ein "Richtig-in-der-Zeit-sein" zu entdecken, entwickeln und fördern, denn Musik ist Kunst in der Zeit.


Rhythmus ist Leben


"Das ist nicht mein Rhythmus", sagen man­che, wenn sie zu früh aufstehen oder zu spät arbeiten müssen. Wer sich die Zeiten des Tages, der Woche, des Jahres so einteilen kann, wie es dem eigenen Gefühl entspricht, hat es gut. Er lebt nach seinem Rhythmus.
Wir haben viele Rhythmen in uns, nicht nur den Biorhythmus, der mal mehr und mal weniger Energie möglich macht. Der unablässige Pulsschlag des Herzens erhält uns am Leben. Der Atem als unbewusster Dreier-Ryhthmus - eine Zeit einatmen, zwei Zeiten ausatmen - ist ein weiterer Lebensspender. Der regelmäßige Schritt beim Gehen bringt uns einen einfachen Zweier-Ryhthmus. All dies lebt in der Musik.

1 Guten Morgen zum neuen Tag                    M & T: M. Ansohn



Übungen mit Puls und Schritt: Puls-Perkussion


Wir legen je einen Finger leicht an die Schläfe und wenn wir dort den Puls spüren, sagen wir ein ganz leises "dim" zu jedem Schlag. Jeder wird das zu einer anderen Zeit sagen, einer langsamer, einer schneller. Es wird ziemlich durcheinander sein, denn jeder hat seinen eigenen Puls. Puls ist ein Teil vom Rhythmus.
Wir werden noch einmal ganz leise und fühlen wieder den Puls. Möglicherweise geht er jetzt schneller. Damit machen wir die Übung noch einmal. Wir sprechen über den Puls. Am nächsten Morgen soll jeder prüfen, wie schnell er beim Aufwachen ist. Beim Rennen auf dem Schulweg wird ebenfalls geprüft. Wir erleben in uns verschieden schnelle Pulse, denn das Herz arbeitet so, wie wir es brauchen: Bei Anstrengung schnell, ohne Belastung langsam.
Eine neue Übung: Wir denken uns einen Puls aus, zunächst ohne ihn zu verraten. Jeder hat ein Schlaginstrument, z. B. kleine Trommeln, Hölzer, Guiros, Cajóns, was halt so da ist. Jeder denkt ganz fest an seinen ausgedachten Puls und trommelt ihn jetzt vorsichtig. Aufgabe: "Beobachtet, was passiert, wenn ihr lauter werdet. Bleibt alles so oder ändert sich etwas? Werdet ihr schneller? Beginnt ihr mehr zusammenzukommen? Hört nach einem verabredeten Schlusszeichen zusammen auf und sagt euch, was passiert ist."
Ähnliche Übungen: Wir gehen durch den Raum und machen die Schritte mit einem Geräusch hörbar. Im ersten Durchgang versuchen wir, einen gemeinsamen Schritt zu finden. Im zweiten Durchgang wollen wir auf gar keinen Fall einen gemeinsamen Schritt finden. Welche von beiden Varianten ist einfacher, welche schwieriger?
In jeder rhythmischen Gruppenarbeit - auch in Spielen, Lied-Erarbeitungen und kleinen Versen - kommen die unterschiedlichsten Temperamente zusammen. Wenn wir wissen, dass dies meistens der Grund ist, wenn wir schwer auf einen rhythmischen Nenner kommen und nicht Unvermögen oder Unlust, können wir entspannter aushalten, wenn etwas in der Gruppe - noch - nicht ganz zusammenwächst.


Musik lebt im Rhythmus

Die meiste Musik ist in einen Puls eingebettet. Ein anderes Wort dafür ist Grundschlag. Gemeint ist eine regelmäßige, fühlbare Leitlinie für die ­Rhythmen und Melodien, die uns umgeben. Meistens wird der Grundschlag in kleine Abteilungen aufgeteilt, sogenannte Takte. Alle drei oder vier Schläge (seltener fünf, sieben und andere) gibt es eine Betonung, die wir spüren, wenn wir mitklatschen, mitgehen oder mittanzen.

Wo ist der Grundschlag? Und was ist Takt?

Jeder kennt das Lied Hänschen klein. Wir singen es zusammen und klatschen dazu den Grundschlag bzw. Puls mit.  

Sind das vier Klatscher "Häns-chen klein - klatsch"? Oder zwei Klatscher auf "Häns-" und "klein"? Oder ein Klatscher auf "Häns - - -"? Bekommen wir drei Gruppen hin, die alle einen verschiedenen Grundschlag klatschen? Wie klingt das mit verschiedenen Trommeln? Welches ist denn nun der Grundschlag?

Ein Vierertakt führt uns zur Rhythmuspyramide. Dann wird der Grundschlag zum Maß, zum Metrum. Die vier schnelleren Schläge nehmen wir jetzt als unseren Grundschlag und geben ihnen Zahlen von eins bis vier. Nun ist der Grundschlag so etwas wie eine lange Eisenbahn mit Wagen, die jeweils vier Fenster haben. Diese Abteilungen nennt man Takt und sie helfen uns, eine lange Folge von Klatschern besser aufzuteilen und uns in einem Rhythmusstück besser zu orientieren. Die Rhythmuspyramide ist auf der CD dieses Hefts zu hören.
Nun können wir nacheinander alle drei Klatsch­muster und zusätzlich noch ein weiteres ausführen: Die Rhythmuspyramide. Diese kann  mit Instrumenten gespielt und durch weitere Rhythmen ergänzt zu einem Rhythmusstück werden. Man kann sie aber auch als kurze ­Klatschübung vor jeder Musikstunde zu einem Rhythmusritual machen.
Grundschlagübungen lassen sich bei fast jedem Musikstück, das im Unterricht vorkommt, durchführen - es ist wie eine tägliche Finger­­­übung. Den Grundschlag entdecken und mitklopfen, kann man gar nicht oft genug üben.


Rhythmen um uns herum

Rhythmus ist allgegenwärtig, trotzdem fällt es uns oft schwer rhythmisch zu sein. Auf der Straße gehen wir, müssen aber auch mal laufen oder stehen, während die Ampel immer in den gleichen Zeitabständen ihre Farben wechselt. Der Wechsel von Unterricht und Pause entspricht mal mehr und mal weniger dem eigenen Arbeitsrhythmus. Gehen wir müde im Winter allein nach Hause, haben wir einen anderen Rhythmus als etwa im Sommer beim Lauf in der Gruppe zum nächsten Eiswagen. Wir beachten oft nicht, ob wir einen Gang haben, der uns gut tut oder ein Sprechtempo, das von Anderen gut verstanden wird. Wir achten normalerweise nicht darauf, ob eine Folge von Tätigkeiten uns in eine Schwingung mit der Umwelt bringt. ­Gerade das ist sehr schwierig, denn z. B. beim langen Sitzen vor TV, Playstation oder Laptop strömen unendlich viele Rhythmen auf unsere Sinne ein und wir haben keine Möglichkeit mit unserer eigenen Zeit, dem eigenen Tempo oder eigenen Betonungen darauf zu reagieren.
Eine Hausaufgabe kann lauten: "Beobachtet die Tätigkeiten anderer Menschen, z. B. die Postbotin, den Radfahrer, die Frau an der Supermarktkasse, jemand, der kocht usw. Achtet darauf, ob die Bewegungen immer gleich, ähnlich oder verschieden sind. Wie schnell sind sie? Haben sie eine Art Puls oder einen Rhythmus?" In der nächsten Musikstunde machen wir solche Bewegungen nach und sortieren sie nach wiederholenden und nicht wiederholenden Rhythmen. Vielleicht lässt sich dazu Musik machen.


Rhythmus entwickeln

Rhythmus entwickeln oder besser gesagt rhythmisches Verhalten und Verständnis entwickeln heißt auf vielen verschiedenen Ebenen dem Rhythmus Raum zu geben.
Aktuelle Spots richten wir auf kleine Verbesserungen eines gerade zu übenden Liedes oder Tanzes. Die tägliche Übung kann aus kleinen Rhythmusritualen bestehen wie z. B. dem eingangs vorgeschlagenen Begrüßungslied oder der Rhythmuspyramide. Rhythmusstücke machen Freude und erlauben kreative Ansätze innerhalb vorgegebener zeitlicher Strukturen.


Wörter und Silben

Tanzrhythmen, Schrittfolgen, sich wiederholende Wege im Raum sind wesentliche Elemente  ganzkörperlicher Rhythmisierung. Sprachrhythmen machen diese Rhythmisierung verständlich und helfen sie zu verinnerlichen. Sie sollen hier in Beispielen vorgestellt werden. Noten sind die abstrakteste Darstellung rhythmischer Verhältnisse. Wenn sie hier bei den Beispielen stehen, dann zur Verdeutlichung für die Unterrichtenden. Als Basis für rhythmisches Tun sind sie nicht geeignet, höchstens als visualisierende Ergänzung.

Beispiel 1: Das Rhythmusstück "R - H - Ypsilon - T - H - Mus"

Wir setzen uns in einen möglichst runden Kreis.
L führt eine "Rechtschreibstunde" ein. "Das Wort, das wir schreiben, buchstabieren wir so: R - H - Ypsilon - T - H - MUS -  - ".
L spricht verschiedene Ausdrucksarten vor: laut, leise, nett, böse, witzig, hell, dunkel, weich, hart, höher oder tiefer werdend, geheimnisvoll, beschwörend, werbend, eindringlich, gelangweilt, usw. Nun kommen Gesten und Körper­­­­instrumente dazu. Es sprechen immer alle mit.
Dann können die Kinder reihum einen Rhythmus mit Körperperkussion sprechen und spielen. Die Gruppe imitiert jeweils.
In einer nächsten Runde kann das Ganze mit Zublinzeln gespielt werden, d. h. ein Solo-Kind bestimmt durch Blinzeln oder Nicken die nächs­ten Vormacher.

Kette und "Kanon" im Raum:
Klingende Gegenstände im Raum werden ausprobiert. Der Rhythmus wird als Kette gespielt. Wenn wir sicher spielen, kann schon nach "Ypsilon" ein Kanon entstehen.

Instrumente im Kreis:
Kinder wählen Instrumente aus, mit denen sie den Rhythmus spielen können. Dann stellt ­jedes sein Instrument vor (Name des Instruments und Klang von R-H-Ypsilon...). Nun werden verschiedene Regeln durchgespielt: Aufbau, Abbau, Auf- und Abbau;  Tutti-Solo; Frage-Antwort. Verschiedene Kanons mit immer ­engeren Einsätzen, so weit wir halt kommen.

Spiele zur Gruppenbildung:
• Unsere "Vier Jahreszeiten" (Kinder spielen in Gruppen nach Geburtstagen; vier Quartale gibt es: Die Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winterkinder).
• Zwei Klanggruppen (Kinder stellen zwei Gruppen nach Instrumenten zusammen).
Bei allen Varianten sagt ein Kind der Gruppe nachvollziehbare Spielregeln aus dem gelernten Regelpool und zählt dann ein: "R-H-Ypsilon...".

Beispiel 2: Rhythmuspuzzle aus Wörtern

Wir wählen eine Reihenfolge aus vier Wörtern  und sprechen sie. Sie sollten so klatschbar sein, dass ihr normal gesprochener Klang zu einem Grundschlag aus zwei Vierteln passt. Wenn wir diese Folge sicher zum Grundschlag sprechen können, spielen wir sie mit Instrumenten. Zwei Kinder antworten einander mit ihren Puzzles oder sie spielen im Kanon. Die Regeln sind schon aus R-H-Ypsilon-T-H-Mus bekannt. Hinterher sprechen wir darüber, welches Puzzle am besten gefällt. Hier unser Puzzle in der 3. Klasse:
Wörter können gute Leitmuster abgeben für rhythmische Pattern. Sie können sich aber auch abnutzen. Dann muss man sie austauschen. Das Ziel ist hier, immer zur Musik zu kommen und das Wort loslassen zu können.

Beispiel 3: Rhythmussprache - Silbensystematik

Es existieren verschiedene Rhythmussprachen und damit verbundene Konzepte. Der Autor dieses Artikels benutzt ein System, bei dem sich Grundschulkinder selbstständig geradtaktige Rhythmen bauen können - als Spiel, als ­Begleitung von Musik oder als Muster, um in gehörter Musik etwas wiederzuerkennen.

Die Vorgehensweise:
L führt eine "Rhythmusschule" ein: Sie heißt "Ko-Ki-Mo-Ki". Wir sitzen im Kreis, L spricht vor, Sch sprechen nach. Zunächst wird im gleichbleibenden Tempo nur gesprochen: laut, leise, deutlich, gemurmelt, traurig, fröhlich, rufend, fragend, aufwärts, abwärts, lauter oder leiser werdend, nachgeahmte Tierstimmen oder Sprachen und Dialekte, so viele Varianten, wie uns einfallen.
Dann kommen Hände dazu, Geräusche, Gesten, größere und kleinere Bewegungen wie z. B. Patscher auf die Beine, Klopfen an die Stuhllehne - immer im selben Tempo. Eine solche ­Sequenz kann bis zu einer Unterrichtsstunde dauern, mindestens aber 10 bis 15 Minuten.
In der zweiten Stunde ist die Vor- und Nachsprechphase kürzer und es werden Spielregeln erklärt: "KoKiMoKi funktioniert nur, wenn das Tempo immer gleich bleibt, alle dasselbe Tempo haben und keine Silbe ihren Platz wechselt, niemals!"
In der dritten Stunde kann vielleicht schon ein Kind das KoKiMoKi vorgeben, jeder spricht, klatscht, bewegt eine Variante vor und alle ahmen sie nach. Man darf auf keinen Fall zu früh mit der nächsten Spielregel kommen. Das geht zu Lasten der Sicherheit.
In der vierten Stunde wird eine neue Spielregel eingeführt: "Du kannst eine Silbe verdoppeln. Wir malen ein Haus an die Tafel mit vier Fens­tern. In jedem Fenster ist eine Silbe (nie vertauschen!) und nachdem wir alle Silben begrüßt haben, schreiben wir neben das große Ko ein kleines Ko, das zu Besuch kommt. Koko Ki Mo Ki. Koko ist nun doppelt so schnell, dauert aber genau so lange wie vorher Ko. Zwar ist Besuch da, aber das Fenster ist genau so groß wie vorher."

5 Rhythmustraining: Ko Ki Mo Ki                   M & T: M. Ansohn


Aus den inzwischen fünf möglichen Rhythmen lassen sich schon einige Rhythmusstücke herstellen. Im Lauf der nächsten Stunden kommt die Möglichkeit dazu, dass in allen Fenstern jemand zu Besuch sein kann, aber nur die jeweils gleiche Silbe! Wenn die Schüler das System beherrschen, kann das Sensationelle passieren: Ki ist nicht zu Hause! Das Fenster ist immer noch gleich groß: Pause also. Es folgen Verdopplungen plus Pausen. Dann kommt die nächste Sensation: Besuch ist da, aber die Haussilbe nicht. Ko -kiMomo -. Diese Art von Rhythmen erfordern es manchmal, den Fuß oder Kopf im Grund-KoKiMoKi (nichts anderes als ein Metrum) mitzubewegen, damit die neuen Rhythmen besser gespielt werden können.
Eine Kartei dazu müsste mindestens folgende Schwierigkeitsgrade enthalten:
• Ein Grund-KoKiMoKi und eins mit einer Verdopplung;
• ein Grund-KoKiMoKi und eins mit mehreren Verdopplungen;
• ein Grund-KoKiMoKi und eins mit einer Pause;
• ein Ko-Ki-Mo-Ki mit Verdopplungen und eins mit Pausen;
• ein Ko-Ki-Mo-Ki mit Verdopplungen und Pausen und eins mit kleinen Pausen, wo der erste Teil der Verdopplung fehlt;
• zwei Ko-Ki-Mo-Kis mit unterschiedlich vielen Pausen und Verdopplungen.
Diese Kartei kann in Übungsstunden zum ­Rhyth­mustraining verwendet werden. Ihre Erstellung verursacht viel Arbeit, ist dann aber für Jahre eine lohnende Angelegenheit. "Unrhythmische" Kinder werden durch sie zwar nicht automatisch "rhythmischer", aber die Sicherheit und Selbstständigkeit innerhalb gerader Takte steigt. Ein dauerhaftes Erfolgserlebnis!

Beispiel 4: Klangsprachen

Rhythmusstücke mit Instrumenten lassen sich gut über eine sprachliche Imitation des Klangs erarbeiten. Wer KoKiMoKi benutzt, kann zur Stabilisierung auch eine Übersetzung in die Trainingssprache anbieten, aber die Klangsilben funktionieren auch ohne jede Systematik, wenn sie präzise vorgesprochen werden. Das Rhythmusstück Nummer 12 aus einer Reihe von solchen Stücken für Klasse 3 bis 6 steht hier als Beispiel. Wer den Instrumentenklängen aus dem eigenen Musikraum lauscht, wird schnell Silben für andere Instrumente und eigene Stücke finden. Klangsilben haben etwas Dialogisches mit dem Instrument. Für das einfache Klatschen würden die Wörterpuzzles ausreichen, für das Training die Rhythmussprache.

3 Rhythmusstück Nummer 12                  M & T: M. Ansohn




Rhythmen in Melodien

Es gibt keine Melodie, die nicht eine zeitliche Struktur hätte, und es gibt keine Liedmelodie, die wir uns allein anhand der Tonhöhe merken. Der Rhythmus ist mindestens genau so wichtig. Zwei Beispiele aus dem Musikunterricht sollen diese Zusammenhänge hier verdeutlichen:

Liedanfänge nur am Rhythmus erkennen

Viele Lieder fangen mit einem Minirhythmus aus vier Tönen an. Ihre Melodien zu erkennen ist ganz leicht, wenn man das Lied kennt. Aber werden sie auch erkannt, wenn die Tonhöhen fehlen?  Aufgabe: "Hört diese sechs Liedanfänge. Liedanfang A ist englisch und heißt "I am sailing"...  Könnt ihr die Liedanfänge in anderer Reihenfolge wieder erkennen? Vielleicht helfen  sogar die Noten?"

2 Liedanfänge-Quiz                                                 


Nächste Aufgabe: "Jetzt hören wir nur die ­Rhyth­men. Wie viele Lieder könnt ihr noch erkennen? Ich kann mir vorstellen, dass jemand sogar alle erkennen kann."
In fortgeschrittenen Klassen ist es ein lustiges Spiel, anschließend die Texte mit den Rhythmen oder gar den Melodien zu vertauschen. Wo wird der Sinn verfälscht, weil die Sprachbetonung nicht mehr stimmt (z. B. Winter Ade mit der  Sailing-Melodie und umgekehrt)? Wo entsteht eine neue melodische Qualität (wie z. B. Bruder Jakob mit der Sailing-Melodie)? Welcher Text ist mit allen Melodien singbar (Hallo Mama) und warum ist das so?
Liedanfänge am Rhythmus zu erkennen ist mit wenig Übung machbar. Insofern ergibt sich aus dieser Unterrichtsidee schnell eine Art Rhythmusquiz mit Liedanfängen, die wir alle kennen, wenn es Lieder gibt, die wir alle kennen, schnell gemacht in einer Spielstunde kurz vor den Ferien oder auf einem Ausflug.

Alle meine verrückten Entchen

Rhythmen durcheinander bringen ist auch ein schönes Spiel. In der letzten Ausgabe von ­MUSIK in der Grundschule haben wir probiert, das Lied Alle meine Entchen durch das Ändern weniger Töne zu verzaubern. Wir können mit diesem Lied auch rhythmisch spielen. Höre das Lied in sechs Versionen (oder in drei, wenn sechs für die Klasse zu schwierig sind). Finde heraus, was diesmal anders ist. Die Tonhöhen sind es nicht. 
Es sind die Tondauern und die Betonungen, die das Lied verfremden. Komische Ente! Wir können natürlich auch eigene Varianten spielen.

4 Alle meine verrückten Entchen                                     



Dubia - ein Kanon, der seine eigene Rhythmusbegleitung mitbringt

Das Lied Dubia Stück für Stück einzustudieren ist bereits Rhythmusarbeit. Es bedarf einiger Konzentration, eine Fantasiesprache mit starker konsonantischer Rhythmik zu verbinden. Wenn wir das Lied singen, stellt sich oft eine Art metrisches Mitschnippen ein, oder es werden kleine Körperbewegungen gemacht. Der Rhythmus drängt sich auf.
Das Liedchen ist acht Takte lang (Der Kanon bleibt mal außen vor). Sprechen wir nun gemeinsam jeden dieser Takte - zunächst ohne Tonhöhen. Wie viele verschiedene Rhythmen haben wir? Es sind sechs. Können wir sie alle trommeln? Jeder kann sicherlich die ersten beiden Takte trommeln und sich davon einen aussuchen. Manche können auch die schwierigeren letzten vier Takte trommeln.

6 Dubia - ein Kanon                        M & T: M. Ansohn

Hörprobe

Tippen wir unseren ausgesuchten Rhythmus ganz leicht mit der Hand auf den Oberschenkel. Eine Gruppe singt das Lied dazu. Wie fühlt es sich an, wenn "mein" Rhythmus gesungen wird? Und wie, wenn gerade ein anderer Takt dran ist? Könnte ich selber zu meinem Rhythmus das ganze Lied singen? Das sind interessante Fragen, die wir je nach Möglichkeiten der Klasse besprechen und ausprobieren.
Nehmen wir Rhythmusinstrumente dazu. Jeder spielt den eigenen Rhythmus auf seinem ­Instrument vor: Trommel oder Hölzer, Glocke oder Cabasa, usw. Erkennen wir den gespielten Rhythmus? Welcher Text war es?
Jetzt kommt der Moment, wo wir unsere ­Rhythmen übereinanderschichten, ausprobieren, wie laut oder leise das Lied begleitet werden soll. Das Lied singen, dazu spielen, Einsätze von Instrumentengruppen ausprobieren, nach dem Lied weitermachen, im Wechsel laut und leise spielen, wenig und viel abwechseln, leise werden, noch mal das Lied dazu nehmen, vielleicht den Kanon singen und einen Schluss erfinden: Das alles ist rhythmische Arbeit am Lied.


Wozu brauchen wir das?

Rhythmus ist ein Wort mit vielen Bedeutungen. Allen gemeinsam sind die Aspekte gestaltete Zeit, Wechsel von Klang und Pause, Wechsel von Betonung (Akzent) und Nichtbetonung, Dauern und Wiederkehr.
Vielleicht um sich gut zu fühlen, locker und elas­tisch zu sein, um Spaß mit Anderen zu haben, um sich in Musik auszuprobieren und nicht alles dem Knopfdruck zu überlassen, um verstehen zu lernen, was Musik mit uns macht, wie sie in uns etwas bewegt, weil sie selbst bewegt ist, um mit offenen Augen und Ohren zu erleben, wie alles in Rhythmen abläuft und dadurch die Welt besser kennenzulernen, am großen Fluss des Lebens eigene Schritte zu machen, zu wiederholen, zu verändern oder zu erkennen, auf welche Weise du selber mitten drin bist ... Such dir etwas davon aus!