Meinhard Ansohn
Zauberlehrlinge im Musikraum





Zauberhaftes
in Musik und
Liedern hören
und entdecken





Im Musikunterricht
lernen wir singen,
spielen, tanzen,
zuhören,
komponieren,
uns über Musik austauschen usw.
Keiner kann
alles sofort.
Wenn trotzdem
viele Menschen
glauben,
man könnte
Musik zaubern,
dann betrachten
wir uns im
Unterricht mal als Zauberlehrlinge.
Da wird doch
für jeden was
zu zaubern
sein.
                    



Für viele Menschen soll Musik vor allem schön sein. Schön bedeutet dann, dass sie der Stimmung der Hörenden entspricht und sie erfreut. Wer diese Musik macht, scheint etwas Besonderes zu sein, ein magisch behafteter Mensch, ein "musikalischer" Mensch. Wer zauberhafte Musik zaubert, hat das gewisse Etwas. Dabei denken sich Musiklehrerinnen
und Musiklehrer die Sache - hoffentlich - ganz anders: Jeder kann Musik machen. Jeder ist "musikalisch". Und wenn Musikmachen Zaubern ist, dann fängt man eben als Zauberlehrling an. Dabei ist Musik durchaus nicht nur "schön". Sie ist auch wild, zart, aufgewühlt, einschläfernd, spöttisch, fließend, chaotisch und tausenderlei mehr. Um sie selber zu machen, braucht man viel Hörerfahrung. Dann kann man Klänge imitieren - so wie wir unsere Muttersprache imitiert haben. Benötigt werden dazu die Stimme und ein paar Instrumente. Manchmal benötigen wir Partner, um etwas gemeinsam zu gestalten. Zeit ist ebenfalls erforderlich - und dann wird zaubern gelernt.



Der zur Zeit bekannteste Zauberlehrling: Harry Potter


"Kinder, hört euch mal diese Musik an. Aber: psssst! Sagt erst etwas dazu, wenn sie vorbei ist. Sie ist sehr kurz." Das Stück Hedwig's Theme, das auf der CD Prologue heißt, wird angespielt. Es ist die Urzelle vieler Musikpassagen von insgesamt acht Harry-Potter-Filmen. Man hört sie das erste Mal zu Beginn des ersten Harry-Potter-Films, als Dumbledore die Lichter aus den Laternen zaubert. "Die Melodie ist etwas ganz Besonderes. Hört sie euch noch einmal an. Manche können sie vielleicht schon so ähnlich mitsingen, aber es kommen darin ganz ungewohnte Töne vor. Lauscht noch einmal und schnippst leise da, wo es "verzaubert" klingt." Es werden zwei Melodielinien hintereinander vorgespielt - die erste ist Hedwig's Theme, die zweite ein Variante davon. Was man hören kann, kann man manchmal auch sehen: "Wenn ihr die Melodielinie mit dem Finger verfolgt, findet ihr heraus, welche Töne besonders verzaubert sind? Könnt ihr die Unterschiede zwischen der ersten und zweiten Melodie beschreiben?" Anscheinend hat sich die Melodie Töne aus einer anderen Welt Musiker sagen dazu Tonleiter oder Tonalität - geborgt.

1 Harry Potter Filmmusik - Melodie mit Zaubertönen          
Was man hören kann, kann man auch manchmal sehen: Die Melodie "Hedwig's Theme" aus dem Film Harry Potter enthält Töne, die irgendwie verzaubert klingen.
- Höre die Melodie. Verfolge sie mit dem Finger. Welche Töne sind verzaubert? Kreuze sie an.
- Höre eine weitere Melodie. Sie klingt ähnlich, ist aber nicht "verzaubert". Kannst du Unterschiede zwischen den beiden Melodien beschreiben? Achte besonders auf die Töne, die du angekreuzt hast.

Wir können auf unseren Glockenspielen versuchen, eine einfache Melodie, z. B. Alle meine Entchen zu "verzaubern". "Probiert es und spielt eure Erfindung den Anderen vor." Ziel soll sein, dass die Liedmelodie erkennbar bleibt, aber trotzdem nicht mehr ganz echt ist.

2 Alle meine Entchen - Melodie und Variationen              M: Trad.
Variationen: M. Ansohn





Der Zauberlehrling von György Ligeti


"Der ungarische Komponist hat eine seiner Klavieretüden Der Zauberlehrling genannt. Bevor ihr das Stück hört, sage ich euch, was da gezaubert wird: Jemand probiert anscheinend mit ganz schnellen Wiederholungen, eine Melodie zu zaubern. Das ist vergleichbar mit einem Wasserglas: Wenn du Wasser ganz schnell umrührst, entsteht ein einziger Wirbel, der aber wieder verschwindet, wenn du nichts mehr tust. Melde dich immer dann, wenn du die Melodie aufsteigen hörst, nimm den Arm wieder herunter, wenn sie verschwindet." "Die Komposition von Ligety stammt aus dem Jahr 1994, aber die Melodie, die der Zauberlehrling da zu zaubern versucht und nicht zu Ende bekommt, gehört zu einer berühmten Klaviersonate von Beethoven und ist 1799 entstanden, also etwa 200 Jahre früher. So beginnt sie: Man hört sie in Werbungen und Wunschkonzerten. Kannst du erkennen, bei welchem Ton in Ligetis Zauberlehrling sie abknickt und eben doch nicht zu Ende kommt?" "Ein ähnliches Spiel können wir auch spielen. Ihr seid zu zweit an zwei verschiedenen Melodieinstrumenten." Trommeln reichen für diese Zauberei nicht aus. Ein Kind probiert so schnell es kann, zwei Töne abzuwechseln. Es kann auch zu zwei anderen Tönen wechseln. Das andere Kind muss eine Melodie richtig gut spielen können. Sie darf ruhig ganz einfach sein. Dann kann einer der Zauberlehrling sein und der Andere den Anfang der Melodie irgendwann richtig dazuspielen, zumindest für ein paar Töne, dann ein paar "falsche Töne" anschließen und aufhören. "Aber lasst das Zauberkind nicht zu lange zappeln. Dann macht ihm das Spiel keinen Spaß mehr. Wechselt auch mal die Rollen."

3 Melodie aus Beethovens Pathéthique, 2. Satz  M: Ludwig van Beethoven
- Findest du den Ton, bei dem der Zauber aufhört zu "wirken"? Die Melodie geht an dieser Stelle kurz anders weiter und hört dann ganz auf. Bis zu welchem Ton hat es der Zauberlehrling geschafft?




Zauberstäbe zur Musik von Thomas Bloch

"Zauberstäbe sind beim Zaubern wichtig. Üben wir schöne, fließende Bewegungen mit einer
verzauberten Musik. 6 Sie wird von einem Ondes Martenot gespielt, einem 1928 erfundenen
Instrument, bei dem man einerseits Tasten drückt, andererseits auch mit dem Finger in einem Ring an einem Band entlang gleitet, ohne es zu berühren. Wir nehmen uns einen Zauberstab (oder alten Schlägel, den wir anmalen können oder einen glatten Stock, den wir gefunden haben) und stellen uns zu zweit im Raum verteilt einander gegenüber. Wenn die Musik erklingt, ist einer von beiden der Zaubermeister und macht seine Wellenbewegungen, große Achten, kleine Achten, Bachwellen, ein großes S, ein kleines s oder andere Dinge in die Luft. Der Zweite von euch ist der Zauberlehrling und macht die Bewegungen nach. Aber er macht sie mal extra zu klein, mal zu groß, mal zu eckig, mal zu schnell usw. Der Zaubermeister muss erkennen, was der Zauberlehrling "falsch macht" und es danach sagen. Wenn der Zaubermeister den Fehler nicht erkennt, ist er selber Lehrling und der Andere ist der Zaubermeister."


Musik zum Zirkuszaubern

Wenn die Schule über einen Schulzirkus verfügt (meine Grundschule hat ihn als Arbeitsgemeinschaft), kann die Klasse Live-Musik zu einer Aufführung entwickeln. Hier eine kurze Anregung: Man schaut zu, was die Artisten da machen. Für Trapeznummern kann ein Trommelwirbel mit der Snaredrum oder verschiedenen Trommeln eingeübt werden. Für Balancier-Kunststücke haben sich Metallofone bewährt, kleine Glissandi oder Ähnliches wie wir es beim Zauberlehrling von Ligeti schon geübt haben. Das Zaubern im Schulzirkus ist schwer und darum selten. Trotzdem können wir üben, falls dort mal wieder jemand zaubert. Kleine Bewegungen des Zauberers können mit der Lotosflöte begleitet werden. Ein plötzliches Erscheinen von Dingen bekommt ein Ping vom Triangel oder ein Prrrr vom Vibra-Slap. Auch das Flexaton oder gar eine klingende Säge begleitet Bewegungen des Zauberers prima. Ähnliche Klänge sind jetzt schon von dem Ondes Martenot bekannt. Wenn es keine Zauberei gibt, kann stattdessen eine Clown-Nummer fürs Klassenfest vorbereitet werden. Dazu passen meistens genau die gleichen Klänge wie beim Zauberer.


Der Zauberlehrling von Goethe und Dukas

Der "Klassiker" unter den Zauberlehrlingen ist die Ballade von Goethe die unter anderem von Paul Dukas als Vorlage für eine Orchestermusik benutzt wurde (L'apprenti sorcier; 1897). "Was ist da passiert? Warum hat der Zauberlehrling das nicht sein gelassen, obwohl er es noch nicht kann? Aha, ihr würdet das auch so machen? Ist das nicht gefährlich? Hat jemand so was schon mal erlebt, dass aus einer anscheinend kleinen Sache plötzlich etwas Gefährliches wurde, wo ihr froh wart, dass jemand den richtigen Zauberspruch am Ende wusste?" Wir könnten uns anhören, wie Dukas sich das Ganze musikalisch vorgestellt hatte. Wenn wir eine gute Videothek in der Nähe haben, lohnt es sich auch, den Disney-Film Fantasia auszuleihen, in dem neben vielen anderen relativ modernen Klassikern auch die Musik zum Zauberlehrling mit einer Micky-Maus-Geschichte bebildert wird. Sie ist sehr anregend und man kann danach eigene Versuche zum Vertonen des Textes machen oder nicht.


Goethes Zauberlehrling als Rap

Das Gedicht selber zu lernen, ein vielerorts aus der Mode gekommener Weg der Aneignung,
wäre ein weiterer Vorschlag. Für die 4. Klasse ist es fast zu schwer, aber leistungsstarke Gruppen können das auch schon in diesem Alter schaffen. Ein fertiger Rap als Höreinstieg vermittelt eine erste Orientierung: Der Zauberlehrling, gerappt von "Die jungen Dichter und Denker". Das klingt ziemlich knallig. "Was hören wir? Verzerrte E-Gitarre, E-Bass, Schlagzeug, Violine, etwas E-Piano im Hintergrund. Das Tempo - mag das mal jemand mit dem Metronom messen?" Auf jeden Fall müssen wir festhalten, wo die "Walle-walle”-Stelle als Refrain vermehrt worden ist, wenn wir es genau so nachmachen wollen. Es ist wahrlich viel Text, aber er wird einfacher, wenn wir den "Walle-Refrain" gemeinsam sprechen oder singen und andere Strophen der Ballade auf Gruppen verteilen. Wie beim echten Rap, der oft etwas Angeberhaftes haben muss um glaubhaft zu sein, müssen wir von Anfang an sehr eindringlich sprechen, das Gefährliche schon andeuten, beim Üben ganz langsam, dann aber überdeutlich den Mund als kleine Sprechmaschine benutzen. Lautstärke ist dabei erst mal gar nicht wichtig. Viel Spaß dabei.


Zauberhaftes allüberall

Mit offenen Augen durch die Schule gehen und in einer knarrenden Tür die Musik wahrnehmen. Das kann alltägliche Momente verzaubern. Musik zu verändern und dabei zu wissen, wie man's macht, kann Zauberei sein. Wir wissen doch eigentlich, dass die Magier alle irgendwelche Tricks benutzen. Was am Ende herauskommt, das empfindet der, der nicht weiß, wie es geht, als Zauberei. Insofern können wir viele Dinge aus unserem Musikunterricht, die Erwachsene z. B. einer geheimnisvollen Gabe (der "Musikalität") andichten, einfach tun und uns freuen, dass wir wenigstens wissen, wie es funktioniert. Einen Rhythmus plötzlich verändern, bei einer Melodie einfach immer einen Ton weglassen, eine Glockenspielmelodie plötzlich oder auch ganz allmählich in eine Xylofonmelodie
umwandeln, ein Lied wie Alle meine Entchen mit völlig falschen Tönen spielen, aber es durch den Rhythmus noch erkennbar machen. Das sind unsere Zaubertricks, wenn wir Musiklehrlinge sind. Gemeinsam wird Musik von großen Komponisten gehört, z. B. wo Mozart die junge Liebe mit der Zauberflöte zusammenführt, wo Gustav Holst den Planeten
Uranus als alten Zauberer charakterisiert, wo in Richard Strauss' Don Quijote gegen den Zauberer Merlin in Windmühlengestalt gekämpft wird. Da haben echte Zaubermeister
Klänge ausgesucht und zusammengestellt (komponiert). Man muss sie erstmal entdecken,
um zu wissen, wie es gemacht wurde. Obwohl die Welt heute an vielen Stellen entzaubert
wirkt, wohnt doch immer noch einigen Dingen ein Zauber inne, der nicht einfach auf den durchschaubaren Trick reduziert werden kann. Es ist macht nichts, wenn man nicht alles versteht.


Ein Zauberlied zu Weihnachten

Zu Weihnachten ist alles irgendwie anders, obwohl wir meistens ziemlich hektisch darüber
hinweg leben. Wer in der Stadt wohnt und kurz anhält, schaut, lauscht, stellt fest, es ist - alle
Jahre wieder - anders als zu anderen Zeiten. Die Lichter, der Schmuck, manche Gerüche,
Freude auf etwas, das wir uns gewünscht haben und hoffen, dass es uns jemand herzaubert.
Das Lied ist leicht zu lernen. Auch eine einfache Liedbegleitung haben wir schon in der 4. Klasse gespielt. Nur das Zauber-Zwischenspiel ist ein bisschen knifflig, dafür ist es langsam und meistens gibt es jemanden, der das Ton für Ton lernen kann. Sonst spielt es die
Lehrkraft auf dem Klavier oder einem Glockenspiel. Jemand wird sich schon finden. Oder
man nimmt diese CD dazu. Alles wie verzaubert.

4 Alles wie verzaubert                     T & M: Meinhard Ansohn

2. Alles hier ist wie verzaubert, Weihnachtsbäume aufgestellt. Weihnachtslieder, immer wieder, klingen durch die ganze Welt.
Refrain: Oh, oh, oh ...


3. Alles hier ist wie verzaubert, Päckchen mit Geschenkpapier, bunte Bänder, Silberschleifchen, ach, gehörte das nur mir.
Refrain: Oh, oh, oh ...

4. Alles hier ist wie verzaubert. Ich fühl' mich verzaubert an, wenn ich sehe, wenn ich wünsche, was ich noch nicht haben kann.
Refrain: Oh, oh, oh ...

Hörprobe