Meinhard Ansohn
Lichterglanz und
Sternenmeer

Punkte und
Klänge, die wärmen
Alle
Jahre, wirklich alle, kommt die
Zeit der Lichter wieder. Singen,
tanzen, musizieren, jedes mal die
gleichen Lieder? Oder Neues? Wie
kann's gehen, wenn wir gern das
Alte sehen?
Sternenzeit ist immer. Nächtliches Stern-Sehen
erleben die "Kleinen" allerdings oft noch nicht
so oft, jedenfalls nicht im Sommer, wenn die
Sonne erst spät untergeht. Ab dem Herbst mit
seiner immer früher einsetzenden Dunkelheit ist
der Sternenhimmel dann öfter zu sehen. Bei den
Kindern prägen sich Bilder ein von der
Novemberzeit mit ihren Martinsumzügen,
Laternenfesten oder dem Luciafest (in
Skandinavien) am 13. Dezember. Besonders
eindrucksvoll ist die ganze Vorweihnachtszeit,
wo die städtischen Einkaufspassagen leuchtender
und heller, glitzernder und glänzender werden.
All dies sind die Bilder, die unseren Kindern
Sterne ganz nahe bringen.
Das Sternenlied
von Gerda Bächli in der hier vorliegenden
hochdeutschen Fassung, holt jedem von uns das
Licht "seines" Sterns geradezu wärmend nah und
lässt in keinem Moment daran denken, wie kalt
der Weltraum tatsächlich ist.
Das Lied kann mit den Tönen c - g jeweils auf
dem Taktanfang als Bordun begleitet werden. Zur
letzten Zeile können ohne genauen Rhythmus
pentatonisch (c - d - e - g - a) mehrere Kinder
spielen. Der Bordun bleibt als Taktgeber, aber
drum herum sind viele Sterne, die sich ohne
erkennbare Ordnung quasi im All bewegen dürfen.
(Die Akkorde können mit der Gitarre mitgespielt
werden, entfallen aber, wenn die Kinder
begleiten.)
Beim Singen ist noch wichtig, dass die Viertel
bei "und das hellste" statt der Halben bei
"tausend" extra geübt werden, damit sich niemand
rhythmisch verheddert.
Eine Liedaufführung kann man mit kleinen
LED-Taschenlampen als Lichtertanz gestalten, die
dem Text entsprechend an und aus gehen - im
Reigen oder im Chaos um die Instrumente herum,
als Wiege- oder Wechselschritt. Das bleibt der
Fantasie und den räumlichen Möglichkeiten
überlassen.
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Sternenlied
M & T: Gerda
Bächli © MusicVision GmbH
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Sternenhimmel
Der Sternenhimmel hat die Menschheit von je her
fasziniert. Religiös und wissenschaftlich
motivierte Himmelsbeobachter im alten Ägypten
(um 2200 v. Chr.), Sterndeuter in Babylon (ab
dem 8. Jh. v. Chr.) oder die frühen Beobachter
und Berechner von Jahreszyklen bei den Mayas
haben weit vor unserer späten Kultur viel aus
den Sternen heraus-, aber auch in sie hinein
gelesen.
Was wir kennen, manchmal auch gern persönlich
nehmen, sind immer noch die vor Urzeiten
gedachten Verbindungslinien zwischen einzelnen
Konstellationen von Himmelskörpern, den
Asterismen oder wie wir sagen: Sternbildern.
Obwohl sich viele Bilder heute anders am Himmel
zeigen als vor 2000 Jahren, sind einige wie z.
B. die zwölf Tierkreiszeichen als Idee erhalten
geblieben. Man sieht nur, was man weiß,
der alte Goethe-Spruch ist hier gleichzeitig
richtig und falsch: Man kennt die
Tierkreiszeichen, also vermeint man sie zu
sehen. Man weiß, dass diese Sonnen eigentlich
nichts miteinander zu tun haben, aber das
gefühlte Wissen bleibt stärker. Und es bleibt
vielleicht etwas, was man doch nicht weiß, ein
bisschen Sehnsucht nach Verlässlichkeit in der
Magie.
So viel Vorlauf muss sein, um ein schönes
musikalisches Ereignis zu beschreiben, das eine
dritte Klasse in der Regel gut improvisieren
kann. Wir zeigen eine Sternbildkarte (z. B.
www.astronomie-tagebuch.de/winter.php oder
www.sternfreunde-muenster.de), welche
"Sternbilder im Winter" zeigt. Dann suchen sich
die Kinder in Gruppen je ein Sternbild aus, das
sie spielen wollen.
Spielmöglichkeiten
•
Eine Folge von Tönen dem Bild nach auswählen, z.
B. bei Kassiopeia ein "W" auf dem Xylophon
abbilden, indem man etwa fis, g, gis, a, ais
spielt oder ein anderes, etwas weiter
ausladendes "W". Oder man erschließt sich den
Orion, indem zwei laute helle Töne die hellsten
Sterne, drei schnelle nebeneinander den Gürtel
und wenige andere abgezählte Töne den Rest
darstellen.
•
Es gibt auch die Möglichkeit, nach John Cage
Töne zu erwürfeln. Dann nummeriert man die
Sterne in einer beliebigen Reihenfolge und
erwürfelt für jeden Stern im Sternbild den Ton.
Man legt für c die Eins fest, d ist Zwei, e ist
Drei, f ist Vier, g ist Fünf, a ist Sechs, h
gibt es nicht. (Oder man legt anders fest, aber
etwas muss festgelegt werden. Der Zufall möchte
auch einen Meister haben!) Dann spielt man die
Reihenfolge wie eine Melodie, kann sie
verschieden rhythmisieren und spielt so sein
Sternbild.
•
Nach einer Weile der Übung und Wiederholung
kennen wir unsere Sternbildmusiken und können
auch die der anderen unterscheiden. Dann kann
jemand aus der Klasse mit einem Zeigestock eine
kleine Reise durch den Weltraum machen und bei
jedem Sternbild anhalten, für das wir Musik
haben. Auf der Strecke zwischen den Sternbildern
hören wir vielleicht etwas Sternenstaub aus
feinen Rasseln, z. B. chicken-shakes oder
Stabglöckchen.
Sternbuchstabe
Ein Sternbild ist eine
gedachte Linie zwischen vermeintlich zusammen
gehörenden Punkten. Die Assoziation führt uns zu
Paul Klee und Wassily Kandinsky, den beiden
berühmten Bauhaus-Malern in den 1920er Jahren.
Besonders Paul Klee war nach eigenen Aussagen
nicht so gern Lehrer, aber sein pädagogischer
Nachlass ist - zum großen Teil noch
unveröffentlicht - genau so immens wie sein
bildnerisches Werk (knapp 10.000 erhaltene
Werke). Er schreibt darin: "Die Lehre von der
Gestaltung befasst sich mit den Wegen, die zur
Gestalt (zur Form) führen. Es ist wohl die Lehre
von der Form, jedoch mit Betonung der dahin
führenden Wege."
In dem fantastischen Band Die Kunst des
Sichtbarmachens finden sich viele
Schlüssel zum bildnerischen (damit auch
allgemein künstlerischen = gestaltenden) Denken.
Malen nach Paul Klee muss nicht immer
unzulängliches Kopieren sein. Das Sternbild war
ja eine menschliche Verbildlichung aus der
imaginären Verbindung von Punkten. Wir können
umgekehrt auch den Weg von der Linie zu ihrer
Auflösung gehen und bleiben bei einer anderen
Art von Sternbild stehen: Der Anfangsbuchstabe
unseres Namens aus Punkten (Sternen).
Wie sieht ein "M" aus, wenn wir es groß
aufmalen? Wie sieht es aus, wenn wir es krümmen,
rund aufmalen? Wenn es noch runder wird zu einer
Schlange oder einer Spirale? Wer
Montessori-Material oder ähnliches im
Klassenraum hat, kann diese sich verändernden
Linien auch mit einem dünnen Seil legen. Immer
wieder kann daraus auch unser Buchstabe werden.
Die Zerlegung in Punkte sollte aber lieber mit
einem Stift auf Papier geschehen und nicht durch
Zerschneiden des Bandes.
Wie sieht mein schönstes "M" aus? Wie viele
Punkte brauche ich, damit ich es noch als "M"
erkenne? Mit welchen Lieblingsfarben male ich
die Punkte zu kleinen Sternen aus? Und die Frage
der Musik kennen wir schon: Die entstandene
Kontur spiele ich als Form oder als
Würfel-Ergebnis auf einem Instrument, das ich
dafür gut genug spielen kann.
Gedicht und
Parodie
Advent, Advent,
ein Lichtlein brennt;
erst eins, dann zwei,
dann drei, dann vier,
dann steht das Christkind vor der Tür.
(Und
wenn das fünfte Lichtlein brennt,
dann hast du Weihnachten verpennt.)
Wer
das Lied gern mit Kindern singt und
weiß, wie es geht, braucht diesen
Beitragsteil nicht. Hier geht es
nicht um die frohe oder bange
Erwartungszeit, die in dem
volkstümlichen Lied
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besungen
wird, sondern um die Parodie von inhaltsleer
gewordenen Weihnachtstexten. Die Ergänzung um
das fünfte Lichtlein ist mit ziemlicher
Sicherheit Kindermund gewesen.
Wir üben das Gedicht ein, damit es erst mal
jeder kann, denn manche müssen tatsächlich noch
vor der Bescherung ein Gedicht aufsagen, wenn
der Nachbar mit Bart, rotem Mantel und
Sack da steht und danach verlangt.
Verfremdungen
Wir können mit dem Gedicht wunderschöne
Verfremdungen erreichen, wenn wir ...
•
... den Text wie eine Radionachricht sprechen,
•
... eine packende Sportreportage sprechen
(Springreiten klingt anders als Fußball!),
•
... es wie ein Geheimnis ins Handy flüstern,
•
... wie eine Lautsprecher-Ansage auf dem
Hauptbahnhof plärren,
•
... eine bekannten Schauspielerstimme imitieren,
•
... mit englischem, französischem, russischem,
chinesischem Akzent sprechen.
Erst mal dabei, fallen uns Varianten genug ein.
Wir können den Text aber auch verkürzen oder
verlängern
•
"... ein Lichtlein brennt. Erst eins ... Oh
verflixt, wo hab ich nur die
Streichhölzer?"
•
"... ein Lichtlein brennt. Mama, Mama, was ist
das, ein Lichtlein?"
•
Alle zwei Wörter stocken wir absichtlich und ein
Soufleur flüstert die nächsten zwei Wörter ein.
•
Wir fangen ganz schnell an, werden immer
langsamer bis "... dann steht ...", um ganz
steif stehenzubleiben und abzuwarten.
•
Jedes Wort kann zu einem Abzweig vom Normalen
werden. "... dann drei, dann vier, dann fünf,
dann sechs, dann sieben ..." und jemand ruft von
hinten: "Du bist schon duhurch!" Oder man ruft
selber: "Mist, jetzt hab ich vergessen, wie
viele das waren!"
Szenisches
Spiel
Einer: ”Na los!"
Zweiter: "Wie, ich zuerst?"
Einer: "Ja, du!"
Zweiter: "Nein, mach du!"
usw.
Szenisches Spiel bietet viele Varianten an.
Gesang mit eigenen Melodien oder das Ganze als
Rap, schnell, knackig mit Trommelbegleitung. Ein
ganzes Programm für einen Elternnachmittag kann
aus diesem kleinen Text werden. Am Schluss vier
Lichtlein anzünden und den Schlussapplaus von
belustigten Eltern entgegennehmen. Ein einfaches
Rezept. Die Zutaten muss man sich selbst
zusammenstellen.
Ein Feuerwerk
mit 24 Kerzen
Das Gedicht mit
dem Lichtlein - bis vier und dann sei es zu
spät - trifft natürlich nur einen Teil der
Wirklichkeit. Der erste Adventskranz von
Johann Heinrich Wichern im Jahr 1839 hatte
24 Kerzen, für jeden Tag im Dezember bis
Heiligabend eine, davon vier große für die
Sonntage und 19 kleine für die dazwischen
liegenden Wochentage. Wahrscheinlich ist er
auf die vier Sonntagskerzen geschrumpft,
weil sich nicht jeder so viele Kerzen
leisten konnte.
Das Rätsel, warum Heiligabend, die Geburt
Jesu, seit dem Jahr 354 am 24. Dezember
gefeiert wird, ist trotz vieler
interessanter Theorien nicht gelöst. Das
gibt uns für ganz neue Ideen Spielraum. Die
Urchristen, die nach einer vermeintlichen
Empfängnis Mariä im Frühling den Dezember
ausgesucht haben, aber nicht mit den
Sonnenwendfeierern am 21. Dezember
zusammenkommen wollten, haben vielleicht die
heilige Zahl Zwölf mal zwei genommen um die
24 mit dem großen Fest, dem zweitgrößten
nach Ostern, zu verbinden.
Viele Komponisten haben Sammlungen mit 24
Klavierstücken geschrieben, manche in einer
strengen Folge der Tonarten, manche freier,
angefangen bei Bachs Wohltemperiertem
Klavier über die großen Klaviervirtuosen
Chopin und Rachmaninoff bis zu den
symphonischen neueren Meistern Szymanowski
und Schostakowitsch. Die zwölf Dur- und
zwölf Molltonarten scheinen aber nicht das
einzige Motiv für solche Sammlungen zu sein.
Je mehr man sucht, desto mehr findet man
Sammlungen von Werken, die mit der Zahl
zwölf als abgeschlossen erscheinen.
Claude Debussy (1862-1918) hat seine
Sammlungen 12 Preludes Bd. 1 und Bd. 2 mit
Titeln versehen.3 Das letzte davon - das
24.! - heißt Feux d’artifice
(Feuerwerk). Es ist ein Feuerwerk einer wie
improvisiert erscheinenden Klavierkunst.
Wenn wir einen größeren Kunstraum in der
Schule haben, könnten wir dieses Feuerwerk
aus der Musik heraus malen, sprühen,
verspritzen, verwischen ... Wir hören dazu
die Musik einmal und führen imaginär unsere
Pinsel durch die Luft. Wo sind große Bögen?
Wo sind kleine Tupfer? Wo sprühen nach allen
Seiten die Sterne des Feuerwerks hin?
Wenn wir - vielleicht nur eine halbe Klasse
- unsere Malkittel angezogen haben, geht es
los, das Ganze mit Pinsel und Farbe in der
Hand zu wiederholen. Mindestens DIN-A2
sollte unser Papier haben. Es kann aber auch
eine Rolle helles Packpapier oder
Tapetenrückseite sein, auf die wir
gemeinschaftlich unser Feuerwerk auftragen.
Zur Musik gehen die Pinsel in die Bewegung
und sind am Ende still. Dann beraten wir, ob
wir hier und da feine Verbindungslinien
nachziehen wollen, ähnlich unseren
Sternbildern. Wir suchen 24 Spritzer auf dem
Papier aus, die wir behutsam ein bisschen
vergrößern und mit hell leuchtendem Gelb
oder Orange zu Sternlichtern machen.
Unser "action painting" zu Debussys
Feuerwerk sieht ein bisschen aus wie Bilder
des berühmten Malers Jackson Pollock und wir
verstehen vielleicht durch unsere eigene
Aktion - Bewegung mit Musik plus feine
gedankliche Nachbearbeitung - dass moderne
Kunst nahe am Chaos trotzdem nicht Nichts
ist. Wir geben den Zufällen und Rätseln um
uns eine Gestalt, seien es die Weiten des
Weltraums oder die offenen Fragen zum
Kalender und selbst im ungeklärten Fall
leuchtet hier und da ein Licht hervor.
Da ist ein Licht
Warum
brauchen wir nun immer neue Lieder? Weil
neue Lieder uns zu neuem Nachdenken
anregen, zu neuen Verbindungen von
Wahrnehmungen und Gefühlen, zu neuen
Verknüpfungen von altem Wissen und
Erleben. Die schönen Licht-Lieder zur
Weihnachtszeit haben wir parat oder können
wir auffinden: Stern über Bethlehem; Leuchte,
mein Licht; Sind die
Lichter angezündet; Der
Weihnachtsstern; Tausend
Sterne sind ein Dom; Am
Weihnachtsbaum die Lichter brennen;
Weihnacht
ist auch für mich - das ist nur
eine kleine Auswahl von Liedern, wo das
Licht oder der Stern unser winterliches
Aufhellungsbedürfnis anspricht, mal innig
religiös bis esoterisch-mystisch, mal
einfach weltlich fürs schöne Gefühl. Dann
kommt jemand und sagt: Du hast Augen wie
Sterne. Du hörst es und kommst im Nebel
nach Hause, wo an der Stelle, wo du dein
Fenster vermutest, das Licht dahinter wie
ein Stern schimmert, als ob ein
Sternenauge schaut, ob du kommst.
Verbindungen entstehen zwischen dem Großen
und dem Kleinen und schon bist du in einer
Geschichte oder auch in einem Lied.
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Da
ist ein Licht
M & T:
Meinhard. Ansohn
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2. Da ist
ein Licht in unser'm Haus
gerade zur Abendzeit.
Es sieht noch bisschen einsam aus,
leuchtet noch nicht so weit.
mm ...
Es sieht noch bisschen einsam aus,
leuchtet noch nicht so weit.
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3.
Da ist ein Licht in deinen Augen.
Ach, das mag ich so.
Wenn es da leuchtet, leuchte ich auch.
Das macht mich wirklich froh.
oh ...
Wenn es da leuchtet, leuchte ich auch.
Das macht mich wirklich froh.
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4.
Sterne am Himmel, Licht im Haus,
und in den Augen Freude.
So kann die Welt ein Leuchten sein,
immer auch wieder neu.
ah ...
So kann die Welt ein Leuchten sein,
immer auch wieder neu.
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